Videowetter
Kleine Vorbemerkung: Blogger frisst neuerdings Wörter und die Ausklappfunktion zickt wie immer rum. Also nicht wundern, wenn ich hier noch ein bisschen rumfummle - man sieht das erst im fertigen Post. *grummel*
Ähm ja, mich gibts noch. Und das letzte Posting ist ja auch noch nicht ganz so lange her - auch wenn es nicht aus dem Blog hier ist.
Schlechtes oder zumindest nicht ganz so fantastisches Wetter gepaart mit der Notwendigkeit im Bett zu bleiben hat ja einen Vorteil: ich war endlich mal wieder motiviert, mich an meinem DVD-Stapel zu vergreifen. Leider ist der nicht wirklich kleiner geworden, denn ich habe vor kurzem die Sammlung um ein paar Schmuckstücke erweitern können. Aber immerhin habe ich es letzte Woche endlich mal wieder geschafft ganze Reihe von mehr oder weniger düsteren und mehr oder weniger großartigen Filmen anzusehen. Indien hab ich da allerdings ein bisserl sehr vernachlässigt - aber demnächst ist Guru dran und der ein oder andere Shammi sieht auch schon sehr verlockend aus.
Aber zunächst werde ich mich mal an ein paar Reviews machen - ihr wolltet doch bestimmt schon immer wissen, was ein Film über einen kalifornischen Schönheitswettbewerb und ein düsterer, dystopischer Film über Babys gemeinsam haben ...
Little Miss Sunshine ist ein wirklich komisches, fieses und richtig charmantes Roadmovie über eine ziemlich kaputte Familie, die mit ihrem großartigen und leider ziemlich kaputten VW-Bus von New Mexico nach Kalifornien düst, weil Töchterchen Olive bei einem Kinderschönheitswettbewerb antreten will. Probleme gibts genug: Papa Richard will gerne erfolgreicher Motivationsguru werden und setzt dafür die Familienersparnisse aufs Spiel, was Mama langsam aber sicher in den Wahnsinn treibt, das Brüderchen hat ein Schweigegelübde abgelegt, steht auf Nietzsche und will Kampfpilot werden, der Opa ist aus dem Altersheim geflogen, weil er kokst, der Onkel hat gerade einen Selbstmordversuch hinter sich, und Olive selbst ist alles andere als eine Schönheitswettbewerbsbarbie. Es ist also für eine unterhaltsame Fahrt gesorgt - und die kleineren und größeren Katastrophen auf dem Weg tragen nicht unbedingt zur Stimmung bei. Little Miss Sunshine ist trotz aller tragischen Momente ein richtiger Gute-Laune-Film mit unglaublich sympathischen verkorksten Figuren und tollen Schauspielern - allen voran Abigail Breslin als Olive.
Ganz anders und noch viel großartiger ist Children of Men, der vielleicht beste Film, den ich dieses Jahr bisher gesehen habe. Und nein, nicht weil Clive Own die Hauptrolle in dieser wirklich düsteren Dystopie spielt und total lecker ist. Nein, auch sonst hat der Film einiges zu bieten. Im Jahr 2027 hat die Welt ein Problem. Gut, eigentlich viele richtig üble Probleme. Aber sie hat ein Hauptproblem: Das letzte Kind wurde vor 18 Jahren geboren. Überall scheinen Krieg, Chaos, Mord und Totschlag zu herrschen. England, das sich wohl als letzten Posten der Zivilisation sieht, scheint ein faschistischer Staat geworden zu sein, in dem ebenfalls Gewalt und Willkür an der Tagesordnung stehen. Clive Owen spielt einen ziemlich kaputten Typen namens Theo, der früher Aktivist war, jetzt aber in seinem Regierungsjob relativ deprimiert vor sich dümpelt. Eines Tages holt ihn aber seine Vergangenheit wieder ein - in Form von seiner Ex Julian, die eine Wiederstandsgruppe anführt und ihn bittet, ihr einen Gefallen zu tun. Er soll für ein Mädchen Papiere besorgen, damit diese aus dem Land fliehen kann. Kee ist nämlich schwanger ...
Ich mag Dystopien, klingt komisch, ist aber so. Immerhin gibt es da nicht nur ein paar richtig schicke Romane, sondern auch eine Menge toller Filme. Children of Men reiht sich da nahtlos ein, was natürlich den großartigen Schauspielern zu verdanken ist, aber vor allem an Alfonso Cuaróns fantastischer Regie. Sobald die Handlung mal richtig in Schwung kommt, habe ich jede Sekunde mitgebibbert und mitgefiebert. Erstens, weil die Atmosphäre des Films unglaublich dicht und glaubwürdig ist - London und später die (heute relativ idyllische) Küstenstadt Bexhill wirken als hoffnungslose, beinahe schon apokalyptische Orte unglaublich real.
Und zweitens weil der ganze Film einfach grandios in Szene gesetzt ist. Ich will nicht zu viel verraten, aber die Actionszenen stellen vieles bisher dagewesene in den Schatten, die Kamera gibt einem ständig das Gefühl mit dabei zu sein und das Finale verursacht im wahrsten Sinne des Wortes Gänsehaut.
Außerdem ist Children of Men mal endlich wieder ein Film, bei dem ich mir wie ein intelligenter, erwachsener Mensch vorgekommen bin und nicht wie ein halbdebiler Fernsehzombie, dem man alles dreimal erklären muss. Die Hintergründe der Geschehnisse, die Ideologie, die hinter der Politik in England steckt werden bewusst ausgespart - und müssen eigentlich auch gar nicht erklärt werden, weil der Film auch so wunderbar funktioniert und man als Zuschauer genügend Informationen bekommt um sich selbst ein Bild zu machen. Und es gibts nichts schlimmeres, als Filme, in denen 90% der Zeit damit verbracht werden, dass der Zuschauer einen Infodump nach dem anderen ertragen muss ... Gut, interessieren würde es mich schon, wie diese Gesellschaft entstehen kann, die trotz globaler Unfruchtbarkeit für Euthanasie Werbung macht und auf irrsinnig brutale Weise auf Immigranten Jagd macht. Aber dafür gibts dann ja die Romanvorlage von PD James. Ist bestellt, mehr demnächst.
Noch ein Film, der sparsam mit Hintergrundinfos umgeht, ist Sophia Coppolas Marie Antoinette mit Kirsten Dunst in der Hauptrolle. Zur Handlung muss man jetzt eigentlich ja nicht so besonders viel sagen: Der Film erzählt das Leben der österreichischen Prinzessin, die 1769/70 mit 14 Jahrennach Frankreich verscherbelt mit dem nur ein Jahr älteren französischen Thronfolger verheiratet wird, um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu stärken. Der Film endet mit dem Ausbruch der Französischen Revolution 1789.
Ich hatte ja eigentlich nicht mehr allzu große Erwartungen an den Film, da man immer von richtig miesen Kritiken hört - aber ich wurde überrascht. Marie Antoinette mag vielleicht nicht der beste Film aller Zeiten sein, aber er ist eigentlich relativ gut. Es könnte sein, dass sich Historiker und Franzosen und vor allem vermutlich französische Historiker vielleicht erstmal ein Fläschchen Baldrian besorgen sollten, aber Marie Antoinette ist bei weitem nicht so geschichtsfälscherisch wie andere Kostümfilme. Was auch daran liegt, dass ziemlich schnell ziemlich klar gemacht wird, dass hier eigentlich gar kein historisch akkurates Bild der Zeit entstehen soll. Dafür sorgt allein schon der fantastische Soundtrack, auf dem unter anderem New Order, The Cure und Bow Wow Wow zu hören sind - alles Musik, die bei mir schon viel zu lange nicht mehr lief und jetzt wieder aus meinen Box schallt. Außerdem sind hier keine gesestelzten pseudo-historischen Dialoge zu hören, sondern moderne amerikanische Umgangssprache (meistens jedenfalls). Und wie gesagt - die historischen Hintergründe werden allerhöchstens angedeutet. Das alles lässt die Illusion entstehen, dass man sich wirklich in der Welt von Versailles befindet - wo keine verstaubte Uraltmusik gehört wird, wo die Leute nicht so reden wie ein paar hundert Jahre früher und wo man ganz gut auskommen kann ohne Hintergrundinformationen über die weltpolitische Lage. Grundsätzlich schon mal eine Idee, die ich ziemlich schick finde.
Der Film hat dennoch die ein oder andere Schwäche: erstens verstehe ich immer noch nicht, warum an einigen Stellen plötzlich irgendwelche Bediensteten und später Marie Antoinettes Tochter Französisch reden? WTF? Reden die da nicht alle die gleiche Sprache? Das ist ungefähr auf dem Niveau von Gerard Depardieus französischem Akzent in diesem Musketierfilm ... Zweitens hängt der Film im Mittelteil etwas durch - irgendwie wäre ein bisschen mehr Handlung und ein bisschen weniger Mode-Schuh-Party-Exzess ganz nett. Und drittens sind die Informationen vielleicht ein bisschen arg dünn gesäht. Ich kann mir ziemlich gut vorstellen, dass es im Publikum so einige Leute gibt, deren Kentniss über europäische Geschichte im 18. Jahrhundert ein bisserl dünner ist als hier vorausgesetzt wird. So fehlen zum Beispiel anfangs die Anhaltspunkte dafür, wie viel Zeit tatsächlich vergeht, wie alt die beiden sind, als sie die Herrschaft übernehmen etc.
Und zu guter Letzt: Marie Antoinette ist mir fast zu positiv, zu sympathisch, zu unschuldig gezeichnet - aber vielleicht habe ich auch nur zu viel Stefan Zweig gelesen.
Trotzdem ist Marie Antoinette wirklich unterhaltend - und übrigens sehr pink! Auch wenn man die Story doof findet: die bonbonbunte, hyperbombastische Ausstattung, die fantastischen Kostümer und die schicken Schuhe (obwohl ich dieses Vorurteil alle Frauen hätten einen Schuhfetisch ja ein bisserl blöd finde) allein sind es wert! Außerdem sind die Schauspieler richtig gut (und Jason Schwartzman relativ knuffig, wenn auch eher auf mithunmäßige Weise ...) und die Musik rockt gewaltig.
Nach so viel bunt brauchts wieder was etwas düstereres - Zeit für einen film noir. Aber nicht irgendeinen, sondern einen ganz aktuellen. In Brick tritt Einzelgänger Brendan (Joseph Gordon-Levitt) in die Fußstapfen berühmter hardboiled private eyes wie Sam Spade, Philip Marlowe usw. Seine Ex-Freundin Emily bittet um seine Hilfe und verschwindet dann. Brendan macht sich auf die Suche und muss sich mit den zwielichtigen Gestalten an seiner Highschool einlassen um sie wiederzufinden. Ja, richtig gehört: an seiner Highschool. Brick verlegt nämlich den Plot eines typischen Detektivfilms der 40er an die Highschool. Was erstmal wie eine Idee für eine Parodie klingt, ist tatsächlich ein ziemlich düsterer Film, in dem es ziemlich hart zur Sache geht. Zwar gibt es ein, zwei lustige Momente, die aus der Mischung der beiden Genres entstehen (jap, auch hartgesottene Drogendealer trinken Milch ...) aber ansonsten ist die Story nicht besonders nett zu den Figuren, die Charaktere sind alle relativ wenig sympathisch und das Blut fließt reichlich. Ein wirklich sehenswerter Film, dessen Story zwar nichts Weltbewegendes ist, dessen Umsetzung aber ziemlich beeindrucken kann. Besonders, wenn man ein paar der Filme, die als Inspiration dienten gesehen hat. Ich konnte zumindest ein paar recht deutliche Anspielungen an The Maltese Falcon entdecken. Noch ein kurzer Kommentar zur DVD: Brick ist in Deutschland beim relativ neuen Label Autobahn erschienen, das wohl zu Senator gehört, und wurde in einer richtig schicken Steelbox als Doppel-DVD veröffentlicht. In der gleichen Reihe gibt es noch Hard Candy und Shortbus zu kaufen. Zu den Filmen gibts hier demnächst mehr und die DVDs machen sich verdammt gut im Regal.
3 Kommentare:
ups, bist du etwa schon wieder krank?
die arme :-(
Nicht mehr ;) Mich hatte es am WE so richtig erwischt mal wieder, Dienstag wars OK und Mittwoch/Donnerstag hab ich wieder ne kleine Bettpause eingelegt. Jetzt isses wieder ganz ok.
Ich glaube, ich fang erst an, mir ernsthaft Sorgen zu machen, wenn du mal ne längere Zeit nicht krank bist. Das wäre nämlich nicht normal. ;) :p
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