Dienstag, Juni 06, 2006

Noch ein Shakespeare!

One Big Damn Puzzler
John Harding
Black Swan. 2006. 542 Seiten.


Auf einer idyllischen Insel irgendwo im Südpazifik ist die Welt fast noch in Ordnung. Die Briten und Amerikaner haben es nicht lange ausgehalten und sind wieder abgezogen. Zurückgelassen haben sie ein halb gebautes Hotel, ein Minenfeld, eine fast komplette Shakespeare-Ausgabe und das ein oder andere Geheimnis.

Der junge amerikanische Anwalt William Hardt will den Inselbewohnern Gerechtigkeit, sprich Schadenersatzzahlungen, verschaffen, packt deshalb seinen Koffer und seine Zwangsstörungen und fliegt selbst auf die Insel um sich ein Bild von der Situation zu machen. Allerdings muss er bald feststellen, dass Südpazifik nicht gleich Urlaubsparadies heißt. Auf der Insel erwarten ihn allerhand schicke Dinge - tödliche Pilze und noch tödlichere Schlangen, Moskitos, jugendliche Transvestiten in zu kleinen BHs, bewusstseinserweiternde Drogen, eine ganze Reihe Tabus, die gebrochen werden wollen, eine Engländerin, Zauberer, kompostierbare Urwald-Unterwäsche, ein öffentlicher Klo-Strand, Geister und Schweine. Und Managua, der gerade Shakespeares Hamlet ins Pidgin der Inselbewohner übersetzt.

Taugts was?
John Hardings Roman ist grundsätzlich mal ein sehr lesenswerter Zeitvertreib, der allerdings auch einige Schwachstellen hat. Das größte Manko ist die Angewohnheit des Autors zu oft zu viel zu erklären. (Wenn ich eine Abhandlung über Zwangsstörungen lesen will, kaufe ich mir eine.) Wenn man sich aber einmal damit abgefunden hat und sich auf den Rest konzentriert, ist der Roman ganz schnell fesselnd - vor allem wegen der durch die Bank faszinierenden, sympathischen, mitreißenden, wunderbaren Charaktere, des witzigen, überraschenden, nachdenklich machenden, überschwänglichen, traurigen, menschlichen, psychedelischen, shakespearigen Plots und des filmreifen Endes, das so over-the-top ist, dass ich das Grinsen immer noch im Gesicht habe.
Besonders die erste Hälfte (bis zur ersten Abreise Williams von der Insel) ist mitreißend ohne Ende - am Schluss kommt die Moralkeule hin und wieder ein bisschen heftig, was aber meistens nicht weiter schadet. Ein nicht ganz perfekter Roman über nicht ganz perfekte Menschen im defintiv nicht perfekten Paradies.

Kleine Leseprobe?

'Whether 'tis nobler in the mind to suffer' was how Shakespeare had got it. Managua had looked up nobler in the dictionary and realized right away that it was one hard word to translate.The island didn't have any nobles. There wasn't even a chief, like he'd heard tell some islands possessed.When something needed to be decided on all the men just crawled into the kassa house and talked it over until everyone was agreed. If it was some little thing they indulged in some kassa first, which generally meant the matter got decided on pretty damn quick since no-one was usually in a mind to argue. If it was something important then they refrained from kassa on the grounds that they needed to think clearly. But if people were thinking clearly in different directions then they might grind a few kassa seeds, mix up the paste and keep spooning it down until they were all so out of their heads that no-one cared enough to argue about what they decided and just wanted to settle the thing plenty fast so they could really get stuck into the kassa. Kassa pretty much ruled out any necessity for nobles.





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